Einführung reiner Beitragszusagen auf tarifvertraglicher Basis
Die reine Beitragszusage, auch „Zielrente“ genannt, ist das Herzstück des BRSG und eine ganz neue Form der bAV. Danach verpflichtet sich der Arbeitgeber ausschließlich, den vereinbarten Beitrag an eine Versorgungseinrichtung (Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung) zu zahlen. Weder Arbeitgeber noch Versorgungseinrichtung dürfen hierbei Garantien übernehmen. Das kann konkret bedeuten, dass im Rentenfall ein geringeres Kapital zur Verfügung steht als die Summe der eingezahlten Beiträge, oder auch dass eine Rente sich im Laufe der Zeit verringert. Hintergrund für den Garantieausschluss ist, dass jede Garantie Geld kostet und sich der Gesetzgeber unter dem Strich höhere Renten durch das Garantieverbot erhofft. Ob dies die berühmte Taube auf dem Dach ist und sich die Arbeitnehmer mit dem Spatz in der Hand, also der klassischen bAV, nicht doch besser stehen, wird die Zukunft zeigen. Die reine Beitragszusage ist den Tarifvertragsparteien vorbehalten, also insbesondere den tarifgebundenen Arbeitgebern. Unsere Mitglieder zählen in aller Regel zu den nicht-tarifgebundenen Arbeitgebern. Das BRSG sieht hierfür vor, dass sie die neuen Modelle „per vertraglicher Inbezugnahme der einschlägigen tariflichen Regelungen“ nutzen können, sich also konkret einem Tarifvertrag anschließen können. Wie dies aber in der Praxis umgesetzt wird, ist bisher unklar.
Erhöhung des Förderrahmens
Bisher ist es möglich, bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) steuer- und sozialversicherungsfrei in die bAV einzuzahlen. Für 2017 ist dies ein Betrag in Höhe von 3.048 Euro. Darüber hinaus können zusätzlich bis zu 1.800 Euro pro Jahr steuerfrei und sozialabgabenpflichtig eingezahlt werden, wenn die Zusage nach dem 31.12.2004 begonnen hat („Neuzusage“). Hat die Zusage vor dem 01.01.2005 begonnen („Altzusage“), können bis zu 1.752 Euro pauschal versteuert eingezahlt werden. Ab dem 01.01.2018 wird der Förderrahmen auf insgesamt 8 % der BBG erhöht. Die ersten 4 % der BBG bleiben steuer- und sozialabgabenfrei. Die zweiten 4 % der BBG sind steuerfrei aber sozialabgabenpflichtig. Pauschal versteuerte Beiträge aus ehemaligen Altzusagen werden auf den steuerfreien Rahmen angerechnet. Eine Vereinfachung für den Arbeitgeber entsteht dadurch, dass keine Abgrenzung zwischen „Altzusage“ und „Neuzusage“ mehr erforderlich ist. In Grenzfällen hatte dies in der Vergangenheit gelegentlich zu Problemen geführt.
Förderbetrag zur bAV
Zukünftig werden Arbeitgeber vom Staat unterstützt, wenn Sie Kleinverdienern einen Zuschuss zur bAV zahlen. Zu den Kleinverdienern zählen Arbeitnehmer, deren tatsächliches monatliches Brutto-Gehalt einen Betrag von 2.200 Euro nicht übersteigt. Von dieser Förderung profitieren also vor allem Berufseinsteiger und Teilzeitkräfte. Für die Förderung berücksichtigt werden Arbeitgeberzuschüsse von mindestens 240 Euro bis höchstens 480 Euro im Kalenderjahr. Der Arbeitgeber darf 30 % des Zuschusses von der Summe der insgesamt abzuführenden Lohnsteuer einbehalten. Hat der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer bereits im Jahr 2016 einen Zuschuss zur bAV gezahlt, so ist die Förderung auf die Erhöhung des Zuschusses gegenüber 2016 begrenzt. An dieser Neuregelung wird kritisiert, dass der Betrag von 2.200 Euro ein statischer Wert ist und nicht von vornherein einer Anpassung an die Gehaltsentwicklung unterliegt. Ob und ggf. wie dieser Betrag nach Inkrafttreten des Gesetzes angepasst wird, bleibt abzuwarten.
Nachzahlungsmöglichkeiten
In Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis ruht, werden in der Regel keine Beiträge zur bAV gezahlt. Dies können insbesondere Freijahre, Zeiträume der Elternzeit oder längerer Arbeitsunfähigkeit sein. Wenn in diesen Zeiträumen das Arbeitsverhältnis fortbestanden hat, besteht ab dem 01.01.2018 auch für rückwirkende Zeiträume die Möglichkeit, Beiträge für maximal 10 Jahre nachzuzahlen. Diese sind dann analog zu dem oben dargestellten erhöhten Förderrahmen steuer- und ggf. sozialabgabenfrei.
Vervielfältigerregelung beim Ausscheiden
Scheidet ein Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber aus, kann ein Betrag von 4 % der BBG multipliziert mit der Anzahl der Beschäftigungsjahre (maximal 10) steuerfrei in die bAV eingezahlt werden. Die bisherige Anrechnung der bereits gezahlten Beiträge auf diesen Rahmen entfällt ab 2018. Damit wird diese sog. Vervielfältigerregelung deutlich vereinfacht und attraktiver, insbesondere für Abfindungen.
Verpflichtende Arbeitgeber-Zuschüsse
Bei einer Entgeltumwandlung wird der Arbeitgeber künftig dazu verpflichtet, den Betrag der Entgeltumwandlung um die eingesparten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von pauschal 15 % zu erhöhen. Dies gilt nur für Beiträge an eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung, nicht jedoch bei Direktzusagen oder Unterstützungskassen. Diese Verpflichtung gilt ab dem 01.01.2019 für neue sowie ab dem 01.01.2022 für bereits in der Vergangenheit abgeschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarungen.
Opting-out-Systeme
Versorgungssysteme, bei denen die Arbeitnehmer einen Eigenanteil zur bAV aufbringen müssen, insbesondere auch bei Entgeltumwandlung, sind meist so gestaltet, dass sich der Arbeitnehmer aktiv für die bAV entscheiden muss. Wer nicht aktiv wird, baut keine Betriebsrente auf. Opting-out kehrt dieses System um: Es werden alle Arbeitnehmer zu einem definierten Zeitpunkt (z.B. nach Ende der Probezeit) angemeldet. Nur wer aktiv widerspricht, baut keine Betriebsrente auf. Ein solches Opting-out-System kann ab dem 01.01.2018 durch eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung eingeführt werden.
„Riester-Rente“
Die Grundzulage für abgeschlossene Riester-Verträge steigt von derzeit 154 Euro auf 175 Euro. Wurde der Riester-Vertrag im Rahmen der bAV abgeschlossen, müssen von der daraus entstehenden Rente ab 2018 keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden. Damit werden bAV-Riester-Verträge privaten Riester-Verträgen gleichgestellt. Da der Verwaltungsaufwand bei Riester-Verträgen generell sehr hoch ist und sich somit zu Lasten der Rentenanwartschaften auswirkt, bieten wir keine Riester-Verträge an.
Einführung eines Freibetrages bei der Grundsicherung
Bisher wurden Betriebsrenten in voller Höhe auf die Grundsicherung angerechnet. Dies führte zu dem fatalen Anreiz, nicht vorzusorgen, wenn Grundsicherung droht. Damit sich Eigenvorsorge in jedem Fall wieder lohnt, wird für Betriebsrenten ab 2018 ein Freibetrag von 100 Euro bei der Grundsicherung im Alter eingeführt. Übersteigt die Betriebsrente den Freibetrag, bleiben zusätzlich 30 % des übersteigenden Teils ohne Anrechnung. Der Freibetrag ist begrenzt auf 50 % der Regelbedarfsstufe 1, was etwa 200 Euro entspricht.
Fazit
Insgesamt bietet das BRSG einige sinnvolle Regelungen, die vor allem für Geringverdiener Anreiz sein können, besser für ihr Alter vorzusorgen. Die vorrangige Intention des Gesetzgebers war die Ausweitung der bAV vor allem bei kleineren und mittelständischen Unternehmen. Diese bieten ihren Mitarbeitern häufig keine bAV an, zum einen weil die Einzelheiten der bAV recht umfassend und kompliziert sind, zum anderen weil in jeder bisherigen Form der klassischen bAV der Arbeitgeber auch Verpflichtungen übernehmen muss.
Wenn Sie wissen möchten, welche Auswirkungen das BRSG auf Ihre Einrichtung hat, und welche Chancen und Möglichkeiten sich damit für Sie und Ihre Arbeitnehmer ergeben, sprechen Sie uns gern an!
Kontakt:
Kai Lehmberg lehmberg@hannoversche-kassen.de |